Schmelzumwandlung
Was passiert mit den Schneekristallen im Frühjahr.
Die Schmelzumwandlung ist der
Umwandlungsprozess der Schneekristalle in der Schneedecke, der zustande kommt,
wenn der Schnee durch Wärmeeintrag eine Temperatur von mindestens 0°C erreicht.
Also die Umwandlung vom Schneekristall zu Wasser und wieder zu Eis, wenn die
Temperatur wieder sinkt. Die Ecken und Kanten der Schneekristalle beginnen zu
schmelzen, werden runder und rücken näher zueinander. Die Schmelzumwandlung
kann in allen Wintermonaten auftreten, kommt aber vor allem im Frühjahr vor.
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Der Schmelzumwandlungsprozess
Exemplarisches Profil vom Mai 2017. Hier wurde die Schneedecke bereits komplett durchnässt und oberflächlich wieder gefroren. |
Durch die Sonneneinstrahlung
sowie warme Temperaturen (vorrangig im Frühjahr), wird die Schneeoberfläche
erwärmt und erreicht dadurch Temperaturen im Schmelzbereich. Auch ein Wassereintrag
durch Regen kann die Schmelzumwandlung begünstigen. Anfangs findet der
Schmelzprozess nur an der Schneeoberfläche statt - hierbei spricht man von
einem geringen Wassereintrag in die Schneedecke.
Durch den Schmelzprozess werden die
Kristalle immer runder. Dabei ballen sich die Kristalle häufig zusammen und es
entstehen sogenannte Cluster. Diese Cluster können in kürzester Zeit mehrere Millimeter
groß werden.
Durch den geringen Wassereintrag, der sich
zu Beginn nur in den Porenwinkeln (Einbuchtungen und Kontaktpunkte der
Kristalle) festsetzt, steigen die Kapillarkräfte zwischen den Kristallen an. Das
führt zu einer Verfestigung innerhalb der Schneeschicht. Diese tritt aber nur ein,
solange die Feuchtigkeit als auch der Korndurchmesser gering sind. Es entsteht Pappschnee,
der beim Skifahren grandios bremst, sich aber super zum Schneemann bauen
eignet.
Bei fortschreitender Durchfeuchtung füllen
sich die Porenwinkel zunehmend mit Schmelzwasser, solange bis es nicht mehr gehalten
werden kann. Dann rinnt es immer tiefer Richtung Boden in die Schneedecke. Durch
das viele Schmelzwasser werden die Schneekristalle von einer Schicht aus Wasser
überzogen, was die Kristalle untereinander wieder löst. Die Bindung der
Kristalle geht verloren, was wiederrum zu einem großen Festigkeitsverlust der
Schneedecke führt. Bekannt auch als Faulschnee.
Vor allem im Frühjahr können sich Veränderungen
der Wassermenge sehr rasch abspielen. Kleine Unterschiede der Wassermenge sind entscheidend
für die Frage, ob der nasse Schnee noch stabil ist oder nicht. Man sagt, bis
ca. drei Volumenprozent Flüssigwasser bleibt die Schneedecke stabil. Steigt
dieser Wert, ist ein rascher Festigkeitsverlust die Folge.
In klaren Nächten gefriert die
feucht/nasse Schneeoberfläche wieder, wodurch ein Schmelzharschdeckel entsteht und
die Festigkeit der Schneedecke nimmt wieder zu. Durch mehrmaligem Gefrieren und
wieder Schmelzen, werden die Schmelzformen (Körner) immer größer und es
entsteht „Skifahrerfirn“. Nennen wir ihn mal so, denn „Firn“ ist eigentlich
nicht korrekt.
Typische Struktur des sommerfesten Schnees |
Die absolute Endstufe der
Schmelzumwandlung ist sommerfester Schnee. Diesen findet man vorrangig auf Gletschern.
Erkennbar ist dieser durch die buckelige und gewellte Oberfläche mit großen
Schmelzkörnern. Der Unterschied zu Sulzschnee (Faulschnee) ist, dass
sommerfester Schnee nur noch wenig Schmelzwasser enthält und sich wieder
verfestigt, wodurch es auch kein Einbrechen mehr gibt. Darauf gehe ich aber
nicht weiter ein, denn alles zu sommerfestem Schnee könnt ihr in einem älterenGestöber nachlesen.
Wie wirkt sich die Schmelzumwandlung auf
die Lawinensituation und das Skifahren aus?
Findet ein Wassereintrag in die Schneedecke
nur an der Schneeoberfläche statt, hat das meist geringe Auswirkungen auf die
Lawinengefahr. Lockerschneelawinen nehmen hier allerdings gerne zu, und durch
darauffolgende nächtliche Abstrahlung entsteht sehr oft Bruchharsch – der Alptraum aller Skifahrer!
Unter der feuchten Schneeoberfläche
befindet sich meist noch ein sehr kompakter Schneestock aus rund- oder kantig abgerundeten
Körnern. Dort besteht noch keine Gefahr durch Einbrechen in die Schneedecke aufgrund
von Faulschnee oder eines einhergehenden Festigkeitsverlustes. Dafür kann man
beim Profilgraben sehr oft die schönen gefrorenen Schmelzkanäle bewundern, die
in der Schneedecke durch das Schmelzwasser entstehen. Die oberflächige
Durchfeuchtung trifft man auch des Öfteren in den Wintermonaten an, vor allem
in steilen, sonnenexponierten Hängen.
Durch zunehmende Warmwetter und einer
damit einhergehenden, fortschreitender Durchfeuchtung, wird ein immer noch
größerer Teil der Schneedecke mit Schmelzwasser übersehen, bis schließlich die
ganze Schneedecke durchnässt ist, und sie sich in Schmelzformen umgewandelt hat.
Spätestens hier finden wir die klassische Frühjahressituation vor! Früh morgens
zur Skitour aufbrechen und früh wieder Zuhause sein, ist angesagt! Denn ein
Anstieg der Lawinengefahr kann sehr schnell und rapide passieren.
Die nächtliche Abstrahlung lässt nur den
Schnee an der Oberfläche gefrieren. Wie dick der Schmelzharschdeckel wird, variiert
je nach Temperatur und Abstrahlung und bestimmt, wie lange man im Frühjahr
unterwegs sein kann.
Unterhalb des entstandenen Harschdeckels
befindet sich Sulzschnee (Faulschnee), dieser besteht aus großen Schmelzkörnern.
Der entstandene Deckel ist in der Früh pickelhart, oft griffig aber auch mal glatt
und rutschig. Durch die Sonneneinstrahlung und die warme Umgebungsluft wird der
Harschdeckel oberflächlich aufgeweicht. Wer hier die richtige Zeit erwischt, kann
perfekten Skifahrerfirn genießen.
Je länger die Wärme einwirkt, desto tiefer
wird die Schicht durchfeuchtet, bis sie schlussendlich so aufgeweicht ist, dass
man durchbricht. Hier kann es schon mal vorkommen, dass man beim Ausziehen der
Ski bis zur Brust im Schnee versinkt. Spätestens dann sollte einem bewusst
sein, dass man zulange unterwegs war. Sobald man durch den Deckel durchbricht,
steigt die Lawinengefahr rapide an.
Es kann dennoch vorkommen, dass ein Harschdeckel
so dick wird, (dabei spielt natürlich die Luftfeuchte und Temperatur tagsüber
auch eine Rolle) dass ein Durchbrechen ganztags auch in Südhängen nicht möglich
ist. Oder die für Skitourengeher definitiv ungünstige Variante: Es bildet sich
aufgrund einer bedeckten Nacht gar kein Harschdeckel. Dann verzichtet man
besser auf eine Skitour.
Die erste nennenswerte Durchfeuchtung der
Schneedecke im Frühjahr, durch Regen oder Erwärmung, ist mit Vorsicht zu
genießen, denn tieferliegende Schwachschichten können durch den Wassereintrag erneut
geschwächt werden, wodurch Lawinen auch größeres Ausmaß erreichen können.
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